Infos für Studieninteressierte
Was erwartet Sie?
- Mit einem Mathematikstudium haben Sie gute Berufsaussichten in den unterschiedlichsten Berufsfeldern. Während der berufskundlichen Exkursionen haben Sie die Möglichkeit, Einblick in den Arbeitsalltag von MathematikerInnen zu gewinnen.
- Mathematik ist ein fokussiertes und intensives Studium, bei dem man von Beginn an die Chance hat, ein umfangreiches, komplexes Gebiet Schritt für Schritt zu durchdringen. Neben der Fachkenntnis (mathematische Sprache) wird hierdurch die Fähigkeit geschult, von konkreten Gegenständen/Objekten/Situationen abstrahieren zu können, um sie in einem allgemeineren Zusammenhang wiederzuerkennen (mathematisches Denken).
- Mathematik ist kein anonymes Massenstudium: Im Gegensatz zu vielen anderen Studiengängen sind die Vorlesungen in der Mathematik nicht überfüllt, so dass eine produktive Arbeitsatmosphäre herrscht. Wir bieten Übungen in Gruppen zu ca. 25 Personen zu den Vorlesungen an, in denen das Verständnis weiter vertieft wird.
- Mit dem Vorkurs und der Orientierungseinheit bieten wir Ihnen Starthilfen für Ihr Mathematikstudium.
- Die Hauptvorlesungen der ersten beiden Semester in der Mathematik sind die Analysis und die Lineare Algebra. Sie haben dazu jeweils vierstündige Vorlesungen und zusätzlich Übungen.
- Nähere Informationen zum konkreten Aufbau Ihres Studiums geben Ihnen die Studienpläne für die Bachelorstudiengänge Mathematik und Wirtschaftsmathematik und die Lehramtsstudiengänge.
Was erwarten wir von Ihnen?
- Wir erwarten von Ihnen ein hohes Maß an Selbständigkeit und Motivation und ein grosses Interesse an der Mathematik. Sie lernen Mathematik, indem Sie selbst Mathematik machen.
- Um den Lehrveranstaltungen folgen zu können, sollten Sie ein Mindestmaß an Vorkenntnissen aus der Schulmathematik mitbringen. Um die eventuell unterschiedlichen Vorkenntnisse anzugleichen und Lücken zu schliessen, bieten wir Ihnen vor Beginn des ersten Semesters einen Vorkurs an.
Warum Mathematik studieren?
Ein Beruf ohne Berufsbild?
Ein Heißluftballon mit zwei Ballonfahrern schwebt langsam auf ein Feld nieder, auf dem ein einsames Männchen Unkraut jätet. Die Ballonfahrer haben die Orientierung verloren und rufen dem Mann auf dem Acker zu: 'Können Sie uns bitte sagen, wo wir uns hier befinden?'. Der Mann schaut stumm nach oben und scheint lange zu überlegen. Schließlich ruft er nach oben: 'Sie befinden sich in der Gondel eines Heißluftballons!' Die beiden Ballonfahrer starren sich entgeistert an. Schließlich sagt der eine: 'Das ist ganz sicher ein Mathematiker gewesen.' 'Wie kommst Du denn darauf?', erwidert der andere. 'Das ist doch ganz klar! Erstens: es hat unglaublich lange gedauert, zweitens: es war unheimlich präzise, und drittens: wir können damit gar nichts anfangen!'.
Solche Witze über Mathematiker haben Sie bestimmt auch schon gehört und sich vielleicht darüber amüsiert. Aber was machen Mathematiker eigentlich? Stimmt das Vorurteil vom weltvergessenen Gelehrten, der aus Zerstreutheit zwei unterschiedliche Socken trägt und ansonsten unbrauchbare Aussagen produziert, mit denen niemand etwas anfangen kann?
Einer der berühmtesten Mathematiker unseres Jahrhunderts, Paul Erdös, hat diese Auffassung vom Leben eines Mathematikers einmal in der spitzen Bemerkung "Ein Mathematiker ist eine Maschine, die Kaffee trinkt und Sätze macht", zusammengefaßt. Wie Sie sich vielleicht schon insgeheim denken können, sind wir hier auf Vorurteile gestoßen, die dem Beruf des Mathematikers hartnäckig anhaften. In der Tat können wir uns halbwegs vorstellen, welche Aufgaben ein Ingenieur zu erledigen hat, was ein Lehrer tut, oder womit sich ein Kaufmann beschäftigt. Aber ein Mathematiker? Es gibt einfach kein festes Berufsbild, und zwar nicht, weil die Vorurteile gegen Mathematiker stimmen, sondern weil der Einsatzbereich der Mathematiker in Industrie, Banken, Versicherungen und Softwarehäusern unglaublich vielfältig ist.
Vorurteile zu zerstreuen, Ihnen Mathematik als eines der vielseitigsten Berufsfelder näherzubringen und Ihren 'Appetit' auf mehr Information anzuregen, soll die Aufgabe dieses Dokumentes sein.
Mathematik ist nützlich
Im Jahre 1604 schrieb Johannes Kepler für einen Kalender ein Lob auf die Mathematik. Darin behauptet er, daß "alle Menschen sich aus der Mathematik ernähren".
Im Jahre 1996 befaßte sich das Wall Street Journal mit der Mathematik. Gegenstand dieses Artikels waren Haarshampoos, Softdrinks und olympische Spiele. Man kann heute ohne Übertreibung den Schluß ziehen überall im Leben sind wir von Mathematik umgeben.
Kluge Leute sprechen heute oft von der 'Mathematisierung' der Arbeitswelt. Damit wollen sie zum Ausdruck bringen, dass die Mathematik - oft unbemerkt und schleichend - große Teile der uns umgebenden Welt beherrscht.
Raumfahrt
Offensichtlich steckt viel Mathematik in den öffentlichkeitswirksamen Projekten. Wer würde bezweifeln, dass zur Beherrschung der erdnahen Raumfahrt mit Space Shuttle und Satelliten viel Mathematik gehört? Die Astronauten und die Nutzlast sollen nicht bereits beim Start verglühen, daher ist die Umströmung der Rakete bei hohen Geschwindigkeiten zu berechnen und der Temperaturverlauf an der Außenhülle unter Kontrolle zu bringen. Die vielen Computersysteme, die für einen reibungslosen Wiedereintritt in die Erdatmosphäre sorgen, stecken voll von mathematischem Know-How der Theorie der Optimalen Steuerung, die von Mathematikern ersonnen wurde. Dieselbe Theorie dient übrigens auch in den Werkshallen unserer Automobilbauer dazu, die Wege der Industrieroboter an den Fertigungsstraßen optimal zu bestimmen.
Informations- und Signalverarbeitung
Raumfahrt dient heute hauptsächlich dazu, neue Kommunikationssatelliten auf Umlaufbahnen zu bringen. Gerade in der Informationsverarbeitung hat sich in den letzten Jahren eine mathematische Revolution abgespielt! Sogenannte Wavelets - übersetzt etwa kleine Wellchen - sorgen für eine schnelle Datenkompression, so dass extrem viele Daten in sehr kurzer Zeit verarbeitet werden können. Das FBI hat seine Fingerabdruckdatei vor kurzer Zeit auf Wavelet-komprimierte Daten umgestellt und spart dadurch enormen Speicherplatz. Diese Techniken spielen auch in der Bildverarbeitung eine herausragende Rolle. So wurden in den USA Gerichtsfälle dadurch zweifelsfrei entschieden, dass moderne mathematische Methoden (übrigens aus dem Bereich der Numerischen Strömungsmechanik!) in der Lage waren, Details wie die Uhrzeit auf der Armbanduhr des Täters aus einer schlechten Videoaufnahme herauszuarbeiten.
In den letzten fünfzehn Jahren hat sich durch den Einsatz preiswerter digitaler Signalverarbeitungsbausteine vor unseren Augen - wenn auch äußerlich völlig unspektakulär und fast unbemerkt - eine Revolution vollzogen. Diese hatte insbesondere Auswirkungen auf die Unterhaltungselektronik und ist gekennzeichnet durch den übergang von analoger zu digitaler Signalverarbeitung. Im Gefolge dieses überganges mußte die dazu gehörige neue Mathematik geschaffen werden, ein Prozeß, der auch heute noch in vollem Gange ist und noch zahlreiche Mathematiker, Ingenieure und Informatiker beschäftigen wird. Ein Konsument von Unterhaltungselektronik macht sich kaum je klar, daß sein Genußerlebnis zu einem großen Teil auf angewandter Mathematik beruht!
Mathematische Modelle
In der Medizin verbieten sich zahlreiche Experimente von vornherein aus ethischen Gründen. Tierversuche sind aus den gleichen Gründen umstritten. Was bleibt, sind Versuche am "elektronischen Patienten", das heißt, am mathematischen Modell. Zahlreiche Fragen der Pharmokokinetik, der Enzymkinetik, Fragen der Verhältnisse im strömenden Blut, aber auch Fragen der Festigkeit und Belastbarkeit von Knochengewebe, konnten durch mathematische Modellierung "unblutig" geklärt werden.
Banken sind stark an mathematischen Modellen der Finanzmärkte interessiert. Hinter den modernen Aktiengeschäften verbergen sich äußerst komplexe mathematische Abläufe, die zum Teil heute noch nicht ganz geklärt sind. Auf dem Versicherungsmarkt ist es im Zuge der Globalisierung eng geworden. Hier werden ausgeklügelte Schadensschätzstrategien benötigt, um die Tarife bei ausreichendem Gewinn für die Versicherung noch erträglich zu halten. In allen diesen Bereichen findet und braucht man auch zukünftig Mathematiker.
Um die Verwendbarkeit moderner Materialien (Verbundwerkstoffe, Kunststoffe etc.) zu untersuchen, reichen Experimente allein nicht aus, insbesondere, wenn man Aussagen über das Langzeitverhalten machen möchte. Zudem sind Experimente aufwendig und teuer und nicht immer aussagekräftig. Es bleibt daher sinnvollerweise nur das mathematische Modell, welches Aufschlüsse geben kann. Voraussetzung für das Modell ist allerdings, daß man den betreffenden Vorgang gut versteht.
Extrem langfristige Prognosen benötigt man im Umweltbereich. Die Frage, ob die globale Erwärmung unseres Klimas auf anthropogenen Faktoren beruht oder nicht, wird diskutiert; wirklich wichtig jedoch ist die Frage, welche Folgen eine solche Erwärmung haben wird. Dazu genügen "Daumenpeilungen" längst nicht mehr, es wird erforderlich, sehr komplexe Modelle aufzustellen, diese an realen bekannten Abläufen zu verifizieren und dann vermittels dieser Modelle Voraussagen zu machen. Diese Voraussagen müssen nicht unbedingt zutreffen. Wenn man aber der Meinung ist, daß eine partielle Information bei wichtigen Entscheidungen besser ist als Ignoranz, sind derartige Modelle unerläßlich. Modelle der Klimaforschung sind mathematisch äußerst anspruchsvoll.
Der Computer hat heute überall Einzug gehalten. Selbst Waschmaschinen bedienen sich eines Mikrochips, der mehrere Waschprogramme auf kleinstem Raum enthält. Bei dem Entwurf dieser Chips (Chip-Design) treten bereits zahlreiche mathematische Probleme auf! Wie ziehe ich eine Leitung von A nach B, wenn ich einen möglichst kurzen Weg haben möchte, aber der Aufbau der Siliziumschichten nur bestimmte Wege überhaupt zulässt? Ohne die aktive Mitarbeit von Mathematikern wären unsere Computer noch heute so groß wie Turnhallen!
Kryptologie
Der englische Mathematiker Turing hat ganz wesentlich zum Ausgang des 2. Weltkrieges beigetragen, als er den deutschen Geheimcode "knackte". Heute sind es vor allem Passwörter als Zugangsberechtigungen und Geheimzahlen zu EC-Karten oder im Homebanking, deren Sicherheit sich auf mathematischen Verschlüsselungen gründet, die zahlentheoretischer Natur sind.
Unternehmungsberatungen
Besonders überraschend ist vielleicht die zunehmende Tätigkeit von Mathematikern in Unternehmensberatungen. Bedient man sich dort wirklich mathematischer Techniken? Ja, schon, aber keineswegs überwiegend! Der Grund dafür, Mathematiker in solchen Firmen einzustellen, liegt in ihrer Denkungsart. Beim Studium werden ja nicht nur spezielle mathematische Sachverhalte vermittelt, sondern man lernt - sozusagen ganz nebenbei - eine neu Art, strukturierter zu denken. Mathematiker gehen vorurteilsfreier an große, unüberschaubare Probleme heran. Sie können Teilprobleme erkennen und durch gute Strukturierung das Gesamtproblem beherrschbar machen. Und die mathematischen Techniken bei der Unternehmensberatung? Es sind dies statistische Verfahren bei der Datenerhebung, die Verwendung mathematischer Modelle bei der Darstellung von Unternehmensstrukturen, sowie die Anwendung von Operations-Research-Verfahren bei der Leistungsanalyse und Optimierung dieser Strukturen. Z.B. gehören dazu auch die oben schon erwähnten Optimierungsverfahren, Zuordnungsverfahren für Maschinen zu Arbeitsvorgängen, Mitarbeitern zu Projekten, etc. (jedesmal verwendet man die gleiche Mathematik!),Stochastische Prozesse zur Modellierung und Untersuchung von Zufall oder Unwissenheit über Details, diskrete Optimierung für Tourenplanung und vieles mehr.
Berufsaussichten
Man sieht, dass reichlich Bedarf für Mathematikerinnen und Mathematiker auf vielen Gebieten besteht. Das deckt sich auch mit unserer Erfahrung, dass unsere Absolvierenden fast immer sehr schnell eine Anstellung finden oder sogar schon vor dem Examen eine Zusage in der Tasche haben.
Wer also neugierig genug ist, auch knifflige Probleme anzupacken, und hartnäckig genug ist, bis zu deren Lösung durchzuhalten, hat beste Berufsaussichten als Mathematikerin oder Mathematiker. Auf der Seite "Nach dem Studium" stellen wir einige berufliche Werdegänge von Mathematikerinnen und Mathematikern vor.
Übrigens: Man braucht auch in der Schule Mathematiklehrerinnen und -lehrer, die ein realistisches, lebendiges Bild der Mathematik und ihrer Anwendungsmöglichkeiten vermitteln.
Ohne Mathematik können wir die Welt nicht verstehen
Bekannt sind die Aussagen von Kepler, daß "Gott rechnet" oder von Kant, dass "in jeder besonderen Naturlehre nur so viel eigentliche Wissenschaft angetroffen werden könne, als darin Mathematik anzutreffen ist".
Man weiß heute, dass dies insbesondere für Elementarteilchenphysik sowie Kosmogonie und Kosmologie zutreffend ist. Weder Elementarteilchen noch die Struktur des Universums sind anschaulich, sie sind allein in der Form hochkomplexer und schwieriger mathematischer Konzepte verstehbar.
Mathematik ist Teil unserer Kultur
Im Jahre 44 v. Chr. beklagte sich Marcus Tullius Cicero in seinen Tuskulanischen Gesprächen über den Verfall der Kultur zu seiner Zeit. Er verweist auf die Griechen insbesondere auf deren Verhältnis zur Mathematik: "Höchster Wertschätzung erfreute sich bei ihnen auch die Geometrie, und deshalb war niemand angesehener als die Mathematiker; wir aber haben den Geltungsbereich dieser Wissenschaft auf den Nutzen beschränkt, den sie uns beim Messen und Rechnen bringt."
Die Bedeutung der Mathematik für unsere Wahrnehmung der Umwelt macht sich augenfällig in der Kunst bemerkbar. Wir empfinden Symmetrie und Ordnung als ästhetisch, damit wirken Werke der Musik, der Dichtung der Architektur oder der bildenden Künste auf uns. Im Ornament drückt sich die reine Form aus, und diese Sprache lässt sich weiter in die Vergangenheit zurückverfolgen als die gesprochene Sprache. Lange bevor die Menschheit die Schriftsprache entdeckte, drückte sie sich durch geometrische Ornamente auf Keramik aus. Frühe Darstellungen von Gegenständen und Lebewesen zeigen sich auf eine modern anmutende Art abstrakt, das heißt, in geometrische Formen aufgelöst.
Mathematik kann also auch verstanden werden als die reine "Form", die abstrahierte Symmetrie. So interpretiert, wird Mathematik zur Kunst. Hermann Hesse hat dies in besonders eindrucksvoller Weise in seinem "Glasperlenspiel" ausgedrückt. Novalis schrieb begeistert: "Das Leben der Götter ist Mathematik."