Kirsti Andersen
Universität Aarhus
Lamberts perspektivische
Geometrie
Freitag, 27. Januar 2006, 17
Uhr c.t., Hörsaal 4 des Geomatikums
Woran man sich bei Johann
Heinrich Lambert als Mathematiker am besten erinnert, ist seine Fähigkeit
scharfe Beobachtungen zu machen, ohne eine Theorie darüber zu entwickeln – wie
zum Beispiel sein Beweis, dass die Zahl π
irrational sei, wie auch seine Arbeit über die Parallelentheorie. In letzterer
war er dem Konzept der nicht-euklidischen Geometrie ganz nah, doch ohne es zu
verfolgen.
Auf dem Gebiet der
Perspektive hat Lambert aber eine vollständige Theorie aufgestellt. Er baute
auf der Arbeit seiner Vorgänger auf, ging aber zu der Perspektive in einer
neuen und interessanten Weise. Er kam auf den Einfall, eine Bildebene so
aufzufassen, als hätte diese ihre eigene Geometrie (wo zum Beispiel parallele
Linien sich meistens begegnen). Das nannte er perspektivische Geometrie, und er
zeigte, wie man in dieser Geometrie Polygone und Polyhedren konstruieren kann.
Lamberts Schöpfung, die im
Jahr 1759 veröffentlicht wurde, war der Endpunkt langwieriger Bemühungen, ein
Verständnis von der Geometrie hinter der Perspektive zu erringen. Und seine Lösung
war so umfassend, dass in der Theorie der Perspektive an sich nur wenig Arbeit
für Lamberts Nachfolger übrig blieb. Nachdem Lambert seine Theorie präsentiert
hatte, hat er sie auch auf neue Fragen angewendet, unter anderem, ob die
Theorie von Nutzen sein könnte in der Lösung von geometrischen
Konstruktionsproblemen nur mit einem Lineal – diese Disziplin nannte er
Linealgeometrie. Während seines Versuches, seine perspektivische Geometrie mit
der Linealgeometrie zu verbinden, hat Lambert Methoden entwickelt, die mit
denen sehr verwandt sind, welche in der späteren projektiven Geometrie üblich
wurden. Es bietet sich deshalb an, den Vortrag mit einer Diskussion zu beenden
über die Verbindung zwischen der Geschichte der Perspektive, der
Linealgeometrie und der projektiven Geometrie, im Lichte von Lamberts Beiträgen
gesehen.